Wie besprochen: Die Kunst der klaren Kommunikation im Berufsleben

Ein Projektleiter sendet eine E-Mail mit der Frage, wann mit dem Abschlussbericht zu rechnen sei. Die Antwort lautet schlicht: „Wie besprochen, folgt dieser am Freitag.“ Doch wurde dies tatsächlich so vereinbart? Missverständnisse wie diese entstehen täglich in Unternehmen und kosten nicht nur Zeit und Ressourcen, sondern belasten auch Arbeitsbeziehungen. Die Formulierung wie besprochen gilt als eine der häufigsten Quellen für Kommunikationsprobleme im Berufsleben. Warum ist das so, und wie können wir präziser kommunizieren?

Die Tücken vermeintlicher Vereinbarungen

„Wie besprochen“ – diese zwei Worte schaffen oft mehr Verwirrung als Klarheit. Sie suggerieren eine Übereinkunft, die möglicherweise nie stattgefunden hat oder unterschiedlich interpretiert wurde. In einer Studie des Instituts für Kommunikationsforschung gaben 78% der Befragten an, mindestens einmal wöchentlich Missverständnisse durch ungenaue Bezugnahmen auf frühere Gespräche zu erleben.

Das Problem liegt in der subjektiven Wahrnehmung von Gesprächen. Ein kurzer Austausch am Kaffeeautomaten kann von einer Person als unverbindlicher Gedankenaustausch, von der anderen jedoch als konkrete Absprache verstanden werden. Hinzu kommt das selektive Gedächtnis – wir erinnern uns vorrangig an Details, die unsere eigene Position stützen.

„Kommunikation scheitert nicht am Sprechen, sondern am Verstehen.“ – Friedemann Schulz von Thun

Besonders problematisch wird es in hierarchischen Strukturen: Eine beiläufige Bemerkung einer Führungskraft kann von Mitarbeitenden als verbindliche Anweisung interpretiert werden. Umgekehrt nehmen Vorgesetzte möglicherweise Zusagen ihrer Mitarbeiter nicht als verbindlich wahr.

Dokumentation als Grundlage erfolgreicher Zusammenarbeit

Effektive Kommunikation im Berufsleben basiert auf Nachvollziehbarkeit. Statt sich auf die Formulierung „wie besprochen“ zu verlassen, sollten konkrete Vereinbarungen schriftlich fixiert werden. Dies beginnt bei strukturierten Meeting-Protokollen mit klaren Verantwortlichkeiten und Terminen.

Ein bewährtes System ist die sogenannte SMART-Methode für Absprachen:

  • Spezifisch: Was genau wurde vereinbart?
  • Messbar: Woran erkennen wir die erfolgreiche Umsetzung?
  • Akzeptiert: Sind alle Beteiligten einverstanden?
  • Realistisch: Ist die Umsetzung mit vorhandenen Ressourcen möglich?
  • Terminiert: Bis wann soll die Aufgabe erledigt sein?

Nach wichtigen Gesprächen empfiehlt sich eine kurze schriftliche Zusammenfassung per E-Mail an alle Beteiligten. Anstelle von „wie besprochen werden wir…“ konkretisieren Sie: „In unserem Gespräch am 02.06.2025 haben wir vereinbart, dass der Abschlussbericht bis Freitag, 05.06.2025, 12 Uhr vorliegen wird.“

Technologien für transparente Kommunikation

Die Digitalisierung bietet zahlreiche Werkzeuge, die Kommunikationsprozesse transparenter gestalten. Projektmanagement-Tools wie Asana, Trello oder Jira ermöglichen die strukturierte Dokumentation von Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Deadlines. Bei komplexen Projekten haben sich kollaborative Dokumentenplattformen wie Confluence oder Notion bewährt.

Selbst bei der traditionellen E-Mail-Kommunikation lassen sich Missverständnisse reduzieren. Verwenden Sie aussagekräftige Betreffzeilen und nummerieren Sie bei mehreren Punkten die einzelnen Themen. Am Ende längerer E-Mails kann eine Zusammenfassung der nächsten Schritte mit konkreten Terminen stehen.

Praxistipp: Die 3-Punkte-Methode

Nach wichtigen Besprechungen fassen Sie die drei wichtigsten Punkte zusammen und bitten um Bestätigung. Beispiel: „Zusammenfassung unseres heutigen Gesprächs: 1. Der Abschlussbericht wird bis Freitag fertiggestellt. 2. Die Präsentation übernimmt Team B. 3. Die finale Entscheidung fällt am 15.06. Bitte bestätigt, ob diese Zusammenfassung korrekt ist.“

Die Psychologie der präzisen Kommunikation

Hinter ungenauen Formulierungen wie „wie besprochen“ stehen oft psychologische Faktoren. Manchmal vermeiden wir bewusst oder unbewusst klare Aussagen, um uns eine Hintertür offenzuhalten oder Konflikte zu umgehen. Der Kommunikationspsychologe Paul Watzlawick bezeichnete dies als „strategische Unklarheit“.

Für eine offene Kommunikationskultur ist es wichtig, Unklarheiten direkt anzusprechen. Wenn jemand sich auf eine vermeintliche Absprache beruft, die Ihnen nicht bekannt ist, fragen Sie konkret nach: „Kannst du mir helfen, mich zu erinnern? Wann und wo haben wir das besprochen?“

Ein effektives Instrument ist auch das aktive Zuhören mit anschließender Zusammenfassung: „Wenn ich dich richtig verstanden habe, möchtest du, dass ich bis Freitag den Bericht fertigstelle. Ist das korrekt?“ Diese Methode verhindert Missverständnisse bereits im Entstehen.

Interkulturelle Aspekte der Kommunikation

In internationalen Teams kommen zu den allgemeinen Kommunikationsherausforderungen noch kulturelle Unterschiede hinzu. Was in einem kulturellen Kontext als verbindliche Zusage gilt, kann in einem anderen als unverbindlicher Vorschlag verstanden werden.

In direkten Kommunikationskulturen wie der deutschen oder niederländischen werden Vereinbarungen typischerweise explizit formuliert. In indirekteren Kulturen, wie sie in Teilen Asiens verbreitet sind, spielt der Kontext eine größere Rolle, und offener Widerspruch wird vermieden.

Für internationale Teams empfiehlt sich ein bewusster Umgang mit diesen Unterschieden. Etablieren Sie gemeinsame Kommunikationsstandards und fördern Sie das Verständnis für unterschiedliche kulturelle Kommunikationsstile. Visualisierungen und schriftliche Dokumentation können sprachliche Barrieren überbrücken.

Von der Problemanalyse zur Lösungskompetenz

Klare Kommunikation ist erlernbar. Unternehmen, die systematisch in die Kommunikationskompetenz ihrer Mitarbeiter investieren, berichten von messbaren Effizienzsteigerungen. Ein strukturiertes Training sollte folgende Elemente umfassen:

  1. Bewusstsein für typische Kommunikationsfallen schaffen
  2. Techniken zur Präzisierung von Aussagen vermitteln
  3. Methoden des aktiven Zuhörens trainieren
  4. Dokumentationsstandards etablieren
  5. Feedback-Kultur fördern

Besonders effektiv sind Simulationen realer Kommunikationssituationen mit anschließender Reflexion. In solchen Übungen wird deutlich, wie unterschiedlich selbst scheinbar klare Aussagen interpretiert werden können.

Kommunikationskompetenz ist keine Nebensache, sondern ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen. Studien zeigen, dass bis zu 80% aller Fehler und Konflikte auf Kommunikationsprobleme zurückzuführen sind. Die Investition in präzisere Kommunikation zahlt sich daher in nahezu allen Bereichen aus – von der Prozessoptimierung über die Kundenzufriedenheit bis hin zur Mitarbeiterbindung.

Die nächste Gelegenheit zur Verbesserung Ihrer Kommunikation kommt bestimmt. Vielleicht schon in der Besprechung morgen. Vermeiden Sie dabei das vermeintlich klarstellende „wie besprochen“ und formulieren Sie stattdessen konkret, was vereinbart wurde, von wem und bis wann. Ihre Kollegen werden es Ihnen danken.

Veröffentlicht am
Kategorisiert in Charisma

Von ben

Ben Brugger ist ein renommierter Autor und Experte im Bereich der Kommunikation, des Charismas und der Verhandlungsführung. Geboren und aufgewachsen in der Schweiz, schloss er sein Studium der Kommunikationswissenschaften mit Auszeichnung ab und hat seitdem sein Wissen und seine Erfahrungen für zahlreiche Veröffentlichungen auf diesem Gebiet genutzt. Seine Arbeiten sind bekannt dafür, präzise, einnehmend und leicht verständlich zu sein, was sie zu einer hervorragenden Ressource für Fachleute und Laien gleichermaßen macht, die ihre kommunikativen Fähigkeiten verbessern möchten. Ben Brugger legt besonderen Wert auf Authentizität und Selbstvertrauen als Kernfaktoren für die Entwicklung von Charisma und überzeugender Kommunikation. Auf seinem Blog möchte Ben seine Expertise & Erfahrungen in den Bereichen der Kommunikation, Charisma und Verhandlung mit seiner Community teilen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert